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Fördernde Anerkennung für Anna-Sophie Rütz

Anna-Sophie Rütz, 12.Klasse, Gymnasium Carolinum Neustrelitz

Bleibt das Abitur nur ein Traum?

Ich bin Anna. Gehe auf ein Gymnasium und bin Durchschnittsschülerin. Auch mit wenig Lernaufwand erziele ich gute Noten. Das macht mich jedoch nicht zu einer besonderen Schülerin. Besonders macht mich, dass ich, mit drei anderen Mädchen, die erste bin, die an diesem Gymnasium die Chance hat, Griechisch zu lernen.

Aber wie jeder andere Schüler auf dieser Schule habe ich einen Traum: das Abitur. Ich erinnere mich: Die erste Matheklausur seit je her in der Pandemie. Zwei Jahre lernten wir nun schon ab und zu im Homeschooling. Und die Klausuren? Immer wieder aufgeschoben. Ich merkte, wie die Schüler ihre Plätze in der sich langsam füllenden Aula einnahmen. Ich konnte den Angstschweiß förmlich riechen. Wir fingen an zu rechnen. Hin und wieder drehte ich mich um. Während ich den einen beim Schreiben zusah, waren andere in Tagträume versunken und blickten ins Weite. Doch es war eher irreal, dass es für uns tatsächlich schon die vorletzte Matheklausur war. So schnell gingen zwölf Schuljahre um, obwohl man es in der Grundschule noch fast für unmöglich gehalten hatte. Wie sagt man so schön: „Die Zeit vergeht wie im Traum". Stellt sich nur die Frage, ob Traum oder Albtraum?


Nachtträume

Während wir schlafen, lässt unser Gehirn den Tag sozusagen nochmal Revue passieren. Unser Körper verarbeitet Geschehnisse, die nicht gleich verarbeitet werden konnten. Und das passiert schon seit Jahrtausenden so. Jedoch ist unklar, warum es Träume überhaupt gibt.

Für Freud ist der Sinn eines jeden Traumes die Wunscherfüllung. Erfülle ich mir mit dem Schulabschluss einen Wunsch? Ganz klar, ja! Das Abitur ist mein ganz persönlicher Traum, den ich schon seit der Grundschule verfolge. Denn für mich war von Anfang an klar, dass ich irgendwann einmal mein Abitur machen möchte. Für meine Eltern stand es sowieso fest, aber dass ich es wollte, zählte am meisten. Ich war nicht so hin und hergerissen wie Xerxes: Er war sich unsicher, den Kriegszug gegen Griechenland durchzuführen. Immer wieder begegneten ihm im Traum Gesichter, die ihm Unsicherheit verschafften. Xerxes ist unentschlossen und hat nicht vor, gegen die Griechen vorzugehen. Sobald Xerxes schlief, trat ein Traumgesicht auf und versuchte ihn, vom Gegenteil zu überzeugen.

Man träumt aber nicht nur nachts, sondern auch tagsüber können einen die Gedanken ergreifen.

Tagträume

Sigmund Freud befasste sich in seiner Traumdeutung auch mit Tagträumen. Er nannte sie auch Tagesphantasien. Tagträume befassen sich häufig mit praktischen Angelegenheiten, die in der Zukunft passieren sollen. Wie auch Träume sind die Phantasien für Freud Wunscherfüllungen.

An was dachten die Schüler also, als sie in der Aula tagträumten? Dachten sie nur an das, was gerade im Unterricht passierte und ließen es sacken? Oder träumten sie auch tatsächlich von ihren eigenen Wünschen?

Das tue ich. Ich habe mich gerade beworben, bin auf der Suche nach einer eigenen Wohnung und möchte mich unabhängig machen. Genau das ist mein Ansporn, den viele nach den zwölf vollbrachten Schuljahren nicht mehr haben und sich sagen: „Keinen Bock mehr!" Doch mein Leben fängt doch gerade dann erst richtig an. Oftmals ist das Abitur auch von Vorurteilen belastet. Bringst du mal keine gute Note mit nach Hause: Tust du es für dich? Schreibst du dein Abitur nur, weil deine Eltern es wollen? So gut bist du doch gar nicht in der Schule. Nein, so ist es nicht. Ich tue es ganz für mich allein. Man sollte aber auch betrachten, dass es von unserer heutigen Gesellschaft verlangt wird. Es ist also auch als kleiner Einfluss der Umwelt verhängt. Man würde eher einem Abiturienten einen Ausbildungsplatz anbieten, als jemandem, der gerade seine Berufsschulreife beendet hat. Denn viele Abiturienten haben nach ihrer Schulzeit gar keine Lust mehr zu studieren. Warum ist das so?

Das Bildungssystem. Sagen wir mal so, in der Schule lernt man viele Dinge, die man im späteren Leben gar nicht braucht. Nicht nur die Schüler nehmen einen verträumten Charakter, aufgrund ihres Schlafmangels an, sondern auch die Schule schwebt mit ihrem Bildungssystem in einer Traumwolke. Brauche ich wirklich das Integral zu berechnen, wenn ich einen Bürojob ausüben möchte? Ich denke, die Frage kann sich jeder selbst beantworten. Nein.

Doch oft gibt es auch fiese Gedanken, die uns heimsuchen. Oft äußern sich diese am Ende des Tages in einem Albtraum.


Albträume

Unheimliche Verfolger, peinliche Situationen oder eine schlechte Note - klingt für mich ganz klar nach einem typischen Albtraum. So wie das Abitur auch ganz klar zum Albtraum vieler Schüler werden kann. Denn nicht jeder kann sich diesen Wunsch erfüllen. Der Perser Xerxes war drauf und dran einen Kriegszug gegen die Griechen anzuführen. Nach langem hin und her träumen, begegnete ihm ein Traumgesicht. Ein Priester prophezeite ihm, ihm würden „die ganze Erde und alle Menschen Untertan werden", so schrieb es Herodot. Xerxes war geschmückt mit dem Reis eines Ölbaumes, dessen Zweige soweit reichten, wie man blicken konnte. Doch auf einmal war der Kranz wieder verschwunden. Das zeigt uns: Auch Träume können platzen.

Man kann Träume in Tag-, Nacht- und Albträume kategorisieren. Tagträume sind mehr eine Art Phantasie, wohingegen Nachtträume ganze Wünsche ausdrücken. Albträume sind vor allem peinliche Situationen oder unheimliche Verfolger. Sie zeigen uns auch die negativen Seiten des Träumens. Angeregt wurden meine Gedanken durch den Griechisch Unterricht in der Schule. Zum Thema Träume behandelten wir Herodot und seine Historien, sowie den Traumtheoretiker Sigmund Freud. Ich fing an, mir selbst Fragen zu stellen: Was sind meine Träume? Was für eine Rolle spielen sie für mich? Wie schon angemerkt, erfülle ich mir mit dem Abitur einen großen Wunsch und damit bin ich sicher nicht allein. Doch für seine Träume muss jeder selbst kämpfen, um sie sich zu erfüllen.

Für mich war die Schulzeit weder Traum, noch Albtraum. Aber ich verbrachte viele Jahre mit Tagträumen.