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Preisträgerin Sophie Schulz

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Sophie Schulz, Klasse 12.1, Gymnasium Carolinum Neustrelitz

 

Diese Welt ist unser Zuhause.

„Ein, zwei, drei, vier Eckstein. Alles muss versteckt sein. Hinter mir und vorder mir gibt es nicht. Ich komme!"
Ich drehte mich zu ihm um. ,,Wo sind sie?"
„Da!", rief er und zeigte irgendwo zwischen Büsche und Gestrüpp. Grün und dicht.
Ohne Nachzudenken stürzte ich mich hinein. Ich musste sie finden, sonst würden sie gewinnen und das konnte ich doch nicht auf mir sitzen lassen.
Ich erkämpfte mir meinen Weg. Eng verflochtene Äste, hartnäckige Dornen, umgefallene Bäume, der feuchte Waldboden und so blickdichtes Laub. Als wollte mir diese Wand sagen: „ Ha, für dich ist hier Ende. Du kommst hier nicht mehr weiter." Doch das nahm ich in meinem kindlichen Eifer gar nicht wahr. Das war die Natur, meine Welt, und ich mitten drin, gehörte doch dazu.

Und daran denke ich. Während ich aus dem Fenster unserer Aula gucke und die Pastorin beim Schulgottesdienst über ,,Mensch und Natur" redet. Acht Jahre später. Während sie fragt, warum der Titel unserer Summer School denn nicht „Mensch in Natur" sei. Oder wenigstens ,,Natur und Mensch." Und während sie mit dieser einen Frage so viele andere Fragen stellt.

Draußen bläst schon kalter Wind, der Baum auf dem Schulhof biegt sich mit ihm und die Wolken ziehen schnell. Ja, er kommt, der Herbst. Und mit ihm die Kraniche. Sie sammeln sich. Wie eine große Familie. Grau und schön. Und so stolz. Sie werden fliegen. Irgendwann werden sie ihre Flügel spannen und in die Weite ziehen. Sie sind Gäste. Und doch gehören sie dazu.

Ich gehe die Straße lang. Immer noch klingen die Worte nach. Ölbedeckte Strände. Verklebte Flügel. Zehntausende Teile Plastikmüll auf jedem Quadratkilometer unserer Meere. Mehr als ein halbes Fußballfeld Regenwald pro Sekunde abgeholzt. Warum fällt genau das dem Menschen so schwer? Dazuzugehören? Wie die Kraniche? Sich als einen Teil dieser so gewaltigen Natur zu sehen? Warum müssen wir alles kaputt machen? Und ich wünsche mir meine kindliche Naivität zurück, um die Augen verschließen zu können und mich vor der Verantwortung ducken zu können. Denn einen Gedanken weiter entdecke ich, dass ich doch nichts weiter tue als genau das. Nur habe ich heute dafür keine Entschuldigung mehr. Heute muss ich mich auseinandersetzen mit der Frage. Und mit ihrer Antwort.

Eine Antwort zu finden, erscheint mir im ersten Moment gar nicht allzu schwer. Ich habe in letzter Zeit nicht wenige Begründungen gehört: Angst, Selbstverliebtheit, Darwinismus ...

Doch können das Gründe sein für unser momentanes Verhalten? Können wir unsere Fehler durch Evolution entschuldigen? „Sorry Erde, du hast uns doch so hervorgebracht."? Nein, das scheinen wir mittlerweile verstanden zu haben. Doch ich möchte nicht darüber schreiben, warum wir so sind wie wir sind. Ich möchte darüber schreiben, warum wir uns ändern sollten.

Diese Welt ist unser Zuhause. Unser einziges. Doch langsam fangen die Türen an zu knarren, weil wir vergessen, sie zu ölen. Langsam beginnt es zu ziehen, weil wir die Fenster einwerfen. Langsam beginnt die Fassade zu bröckeln, denn während wir dort drinnen sitzen, erscheint es uns nicht wichtig, dass es auch noch ein Draußen gibt. Doch aus dem ,,Langsamu wird ein ,,Immer schneller" und das merken wir erst, wenn uns kalt wird, und nass. Wenn wir uns fragen, warum wir denn nicht schon längst etwas unternommen haben. Doch wir können nicht umziehen und neu anfangen. Wir haben keinen anderen Platz zum Leben. Wir müssen das retten, was noch zu retten ist. Und dabei auch uns selbst. Denn wie simpel es doch klingt: Während wir die Natur und die Welt kaputt machen, machen wir auch uns selbst kaputt. Auch wenn wir uns immer wieder das Gegenteil beweisen wollen, wir sind abhängig. Wir sind nur ein Glied in der Kette.

Die Welt braucht uns nicht. Ihr würde es ohne uns wahrscheinlich besser gehen. Doch wir brauchen sie. Zum Atmen, zum Dasein. Und den Boden, den wir zum Leben brauchen, ziehen wir uns gerade unter den Füßen weg. Und wenn wir das wollen, Leben, dann sollten wir anpacken und uns unserem Haus widmen. Denn sonst kommt der Horizont immer näher.

Diese Welt ist unser Zuhause. Wir sprachen im Unterricht vor einigen Tagen über Heimkehr und die damit verbundenen Gefühle. Frieden, Vertrautheit, Geborgenheit. Eine Freundin von mir sagte: „Verantwortung. Ja, wir haben Verantwortung. Verantwortung gegenüber Mutter Erde und unseren Kindern. Wie in einer Familie eben, in der man aufeinander Acht gibt. Und Verantwortung, das heißt eine Pflicht zu tragen, das Notwendige zu tun, um Schaden zu vermeiden. Das heißt Geradestehen für Folgen, und Lernen. Die Augen Aufmachen. Dass wir leben ist keine Selbstverständlichkeit. Wie groß war dieser Zufall, dass die Erde ein Planet ist, auf dem dieses Leben entstehen kann? Was für ein unglaublicher Prozess ist die Evolution? Wir bewohnen ein Wunder. Und es ist unsere Aufgabe dieses zu wahren. Denn wer sonst? Und auch wenn wir die Bibel aufschlagen und den Schöpfungsauftrag finden: „Seid fruchtbar C...) und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet (...)." Das meint keine Diktatur, keine Korruption. Das meint, sich zu sorgen, zuständig zu sein, zu bewahren. Denn wir bekommen so viel von dieser Natur und wir sind ihr schuldig, etwas zurückzugeben. Und das kann doch eigentlich gar nicht so schwer sein. Eigentlich müssen wir nur aufhören, sie auszunutzen. Denn werden wir so weiter machen wie bisher, werden unsere Kinder später vor einer Erde stehen, die ihnen nichts mehr geben kann. Eine Erde die so leer ist, dass sie vielleicht nicht einmal fühlen können, was wir noch fühlen konnten. Dass dies unsere Welt ist und wir mitten drin sind. Und dazugehören.

Diese Welt ist unser Zuhause. Und deshalb brauchen wir eigentlich gar keine Argumente, warum wir uns ändern müssen. Vor nicht ganz einem Jahr fuhr ich mit meinen Eltern auf einer dänischen Landstraße. Links von uns begann eine Landschaft aus Heidekraut und dahinter die Dünen der Nordseeküste. Doch keine einfachen Dünen. Berge. So hoch, dass man das Meer in keinem Fall sehen konnte. Wir mussten einfach anhalten. Und dann sind wir dem Wasser entgegengegangen. Beziehungsweise, nein, ich bin gelaufen. Und erst als ich ganz oben auf der Düne ankam, konnte ich sie sehen. Die Nordsee, den Strand, die Menschen ganz klein unter mir, die Weite und die Endlosigkeit. In solchen Momenten kann Natur uns verzaubern. Einfach weil sie ist, wie sie ist. Ehrlich, unverschönt und gut. Sie lässt uns abschalten, verstehen und fühlen.

Honor6 de Balzac, ein französischer Philosoph, hat einmal gesagt: ,,Liebe zur Natur ist die einzige Liebe, die menschliche Hoffnungen nicht enttäuscht."

Und jetzt liegt es an uns, die Natur nicht selbst zu enttäuschen. Denn sie ist unser Zuhause.